Teegärten in Bangladesch - ein Mikrokosmos

Eine Welt mit eigenen Regeln: In den Teegärten Bangladeschs bedeutet dies, dass Menschen größtenteils unter menschenunwürdigen Bedingungen leben. Unter ihnen sind viele Dalits, die einst von den Briten aus dem heutigen Indien für die Teeernte ins heutige Bangladesch verschleppt wurden.

Ich treffe eine Dalit-Gemeinschaft im Teegarten Kaliti in Kuraula im Nordosten des Landes.

„Normalerweise hat ein Familienmitglied pro Familie eine Festanstellung im Teegarten.“ Und je nachdem, ob die Betroffenen in einem Teegarten der Kategorie A, B oder C arbeiten, verdienen sie 69, 67 oder 65 Bangladeschische Taka pro Tag (80, 78 oder 76 Euro-Cent). „Das Geld bekommen wir aber nur, wenn wir pro Tag mindestens 20 Kilogramm Tee ernten.“ Zwischen Juni und August sind 20 Kilogramm ein realistisches Ziel, in den anderen Monaten kaum erreichbar. 20 Kilogramm frische Teeblätter ergeben fünf Kilogramm trinkfertigen Tee, die für etwa 1.000 Bangladeschische Taka (11,65 €) vom Teegartenbesitzer verkauft werden.

„Meine Frau und meine erwachsenen Kinder“, erzählt mir Sanjoy, „haben nur saisonale Verträge und bekommen aber am Saisonende meist eine Genehmigung dafür, außerhalb des Teegartens Geld zu verdienen.“ Das war nicht immer so. Früher haben die Teegartenbesitzer das Arbeiten außerhalb häufig verboten.

Doch mit welcher Begründung kann dies verboten werden?

Teegartenarbeiter begeben sich in eine Abhängigkeit vom Plantagenbesitzer. Sie leben mit ihrer Familie im Teegarten, aber sie müssen beim Verlassen des Teegartens um Erlaubnis fragen. Dass ihnen eine Unterkunft zur Verfügung gestellt wird, es eine medizinische Grundversorgung und oft auch Schulen gibt, klingt zunächst fair. Realität ist jedoch, dass viele Häuser dringend reparaturbedürftig sind. „Viele Häuser haben defekte Dächer, es regnet durch. Die meisten dieser defekten Häuser sind von Dalits bewohnt“, informiert mich ein Mitarbeiter einer NGO, die in verschiedenen Teegärten aktiv ist. Und, ja es stimmt, für alle Teegartenarbeiter(innen) gibt es einen medizinischen Dienst. Dem stehen für sämtliche Krankheiten vier verschiedene Medikamente zu Verfügung. „Spritzen werden vier- bis fünf Mal benutzt – für unterschiedliche Patienten. Wir wissen nicht, was passieren kann, haben aber gehört, dass das gefährlich ist“, sagt Sanjoy.

„Wir werden von den meisten anderen Teegartenarbeitern diskriminiert“, empört sich Manjula. Für hinduistische Feste werden Dalits aufgerufen zu spenden, dürfen aber entweder nur auf hinteren Plätzen oder gar nicht an den Festen teilnehmen. „Deshalb spenden wir nicht mehr“, so Manjula. In der Schule werden Kinder sowohl von Lehrkräften als auch von Mitschüler(inne)n diskriminiert. „Nur die christlichen Urbevölkerungsgruppen, die lassen uns in Ruhe“, erzählt der Schüler Parimal. Wollen Dalit-Frauen Wasser am Brunnen schöpfen, müssen sie zunächst alle Angehörigen dominanter Kasten vorlassen.

„Bildung ist für uns und unsere Kinder am wichtigsten“, sagt Manjula. Vor einiger Zeit wurde deshalb eine Jugend-Organisation gegründet. Parimal erzählt stolz, dass er die Schule mit sehr guten Noten abgeschlossen hat. „Das können auch andere“, sagt er. Deshalb hat er gemeinsam mit Freunden beschlossen, jüngeren Schüler(inne)n aus der Gemeinschaft unentgeltlich Nachhilfe zu geben. „Heute Nachmittag treffen wir uns das erste Mal“, informiert er mich euphorisch.