Indien gilt seit seiner Unabhängigkeit 1947 als beispielloses demokratisches Experiment eingeführt in einem Land und zu einer Zeit, als noch weniger als 10 Prozent der Bevölkerung alphabetisiert waren. Die Architekt*innen der Verfassung wie B.R. Ambedkar hielten unbeirrbar am allgemeinen Wahlrecht für Erwachsene fest, lange bevor viele westliche Staaten, die Schweiz etwa erst 1971, es vollständig umsetzten. Heute, 75 Jahre später, droht dieses Fundament zu erodieren. In Bihar hat die Wahlkommission (ECI) überraschend eine „Special Intensive Revision“ der Wähler*innenlisten angeordnet, obwohl bereits im Januar 20225 ein revisionssicheres finalisiertes Wählerverzeichnis vorlag.
Hinter dieser Maßnahme sehen Kritiker*innen eine versteckte Einführung des hochumstrittenen National Register of Citizens (NRC), das benachteiligte Gruppen systematisch ausschließen könnte. Rund 80 Millionen Menschen müssen binnen Wochen neue Formulare, Fotos und eines von elf ausgewählten Dokumenten vorlegen, um ihre Staatsbürgerschaft zu beweisen, selbst, wenn sie seit Jahrzehnten regelmäßig gewählt haben. Aadhaar-Karte, Ration Card oder Labour Card werden nicht akzeptiert, während der Reisepass, den nur 2,4 Prozent der Biharis besitzen, als einer von wenigen gültigen Nachweisen gilt. Betroffen sind vor allem arme und marginalisierte Gruppen, Dalits und Adivasi, religiöse Minderheiten sowie Millionen Arbeitsmigrant*innen.
Für viele in Bihar ist dies ein „Votebandi“, ein Wahlverbot durch Bürokratie, das Hunderttausende von den Landtagswahlen im Oktober 2025 ausschließen könnte. Die Entscheidung wirft nicht nur Fragen zur Transparenz der ECI auf, sondern nährt auch den Vorwurf, dass demokratische Institutionen zunehmend parteipolitisch instrumentalisiert werden.
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