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Geplatzter Traum einer Demokratie

Die indische Nationalbewegung war ein Leuchtfeuer der Hoffnung für die gesamte südliche Hemisphäre. Der düstere und zerrüttete Moment in der Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg verwandelte sich in eine Ära des Optimismus und der Träume, als ein kolonialisiertes Land nach dem anderen die Unabhängigkeit erlangte, wobei Indien eine inspirierende Kraft war. Doch ist Indien im 75. Jahr seiner Unabhängigkeit noch immer in der Lage, der Welt eine freie, gleiche und gerechte Gesellschaft zu bieten? Das neue Indien war ein einzigartiges und kühnes Demokratieexperiment in einem extrem armen Land mit massiven Entwicklungsproblemen wie Analphabetismus, schlechtem Gesundheitszustand und einer zutiefst patriarchalischen und kastengeprägten Gesellschaft, die durch die massive kommunale Gewalt der Teilung gezeichnet war. Das neue Indien verkörperte einen Traum. Dr. B.R. Ambedkar sagte in seiner berühmten Rede vor der verfassungsgebenden Versammlung am 25. November 1949: „Am 26. Januar 1950 werden wir in ein Leben voller Widersprüche eintreten. In der Politik werden wir Gleichheit haben und im sozialen und wirtschaftlichen Leben werden wir Ungleichheit haben. Wie lange wollen wir dieses Leben der Widersprüche noch leben? Wenn wir sie noch lange verleugnen, werden wir damit nur unsere Demokratie gefährden.“ Die Ungleichheiten in Indien haben inzwischen gigantische Ausmaße angenommen. Oxfam India berechnete, dass die neun reichsten Personen des Landes mehr Vermögen besitzen als 50 Prozent der indischen Bevölkerung.  Der reichste Mann des Landes verdiente während der Pandemie 90 Millionen Rupien pro Stunde, während fast 23 Millionen Menschen in die Armut fielen. Soziale Ungleichheiten in Bezug auf Kaste, Geschlecht, Religion und Region belasten marginalisierte Menschen und Gemeinschaften weiterhin unverhältnismäßig stark. Tief verwurzelte patriarchalische Normen lassen Söhne bevorzugt sein und führen zu Millionen fehlender Frauen. Der französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty belegt, dass Indien nach der Unabhängigkeit in den ersten drei Jahrzehnten (bis Anfang der 80er Jahre) in der Lage war, Ungleichheiten zu verringern. Doch dann kehrte sich der Trend um, und die Ungleichheit begann zu wachsen und erreichte schließlich das beispiellose Niveau der heutigen Zeit.

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https://theprint.in/opinion/has-india-fulfilled-its-moral-responsibility-the-answers-to-this-question-are-troubling/715427/